"A fool with a tool is still a fool."
Es wird viel geschrieben über Digitalisierung der Hochschullehre – und noch mehr geredet. Leider dominiert zu oft eine Mischung aus Polemik und Halbwissen die Diskussion. Es ist angebracht, einen kühlen Kopf zu bewahren und einige Fakten dazu zu berücksichtigen, zusammengestellt z.B. in einem Text zweier Digitalisierungspioniere aus Deutschland. Rolf Schulmeister und Jörn Loviscach verdienen diese Bezeichnung zweifellos. In ihrem Text Mythen der Digitalisierung mit Blick auf Studium und Lernen stellen sie aufgrund empirischer Ergebnisse einige vorherrschende und oft plakativ formulierte Überzeugungen in Frage.
Die schlaue Mischung macht's
Zusammenfassend weisen die beiden Autoren auf folgende Punkte hin:
- Studierende bevorzugen «klassische» Lernstrategien. Bei Verfügbarkeit von Vorlesungsaufzeichungen werden diese in der Regel kurz vor der Prüfung angesehen, statt sinnvollerweise semesterbegleitend bearbeitet.
- Der Einsatz digitaler Medien als Ersatz für andere Unterrichtsformen erzeugt momentan noch nicht die erwünschte Wirkung. Derartige didaktische Szenarien benötigen eine hohe Lehrkompetenz. Ein ergänzender Medieneinsatz in der Präsenzlehre scheint vorerst wirksamer.
- Zu viele Tools verzetteln das Lernszenario und verwirren die Lernenden. Eigene und fremde Medienangebote müssen geschickt limitiert, kombiniert und strukturiert werden.
Das Fazit der beiden Autoren kann durchaus mit einem bekannten Slogan zusammengefasst werden: «A fool with a tool is still a fool». Simples Hochfahren digitaler Medien ist kein Heilmittel in der Lehre. Lehrende und Lernende müssen zunächst verstehen, wie akademisches Lernen funktioniert. Danach müssen sie die Funktionen und damit verbundene Möglichkeiten der Werkzeuge verstehen. Erst dann können sie die Tools auch wirklich lernförderlich einsetzen. Im lernwirksamen Setting spielen auch «analoge» Methoden am richtigen Ort weiterhin eine wichtige Rolle. Das sind im Grunde Binsenwahrheiten, die erstaunlicherweise wiederholt ausgeblendet werden. Wer sie jedoch berücksichtigt, ist nicht gleich ein Kulturpessimist, sondern vielmehr fähig zu einer emanzipierten Digitalisierung.
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