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Das Prinzip der minimalen Hilfe

von Thomas Tribelhorn

... zum effizienten Coaching von Projekten im Studium

Falls Sie als Lehrperson Sprechstunden mit Studierenden durchführen, fragen Sie sich vielleicht manchmal, ob Ihre Hinweise tatsächlich ankommen. Es kann nämlich durchaus sein, dass Sie Informationen abgeben, welche die Studierenden gar nicht wollen.

Eine alte «Berner Idee»

Der bekannte Schweizer Didaktiker Hans Aebli hatte schon in den 60er-Jahren in den «Grundformen des Lehrens» das «Prinzip der minimalen Hilfe» eingeführt. Die Idee wurde vom Mathematikdidaktiker Friedrich Zech aufgenommen und 1977 in weiter entwickelter Form publiziert. In die Hochschuldidaktik eingeflossen ist sie spätestens, seit Wim Görts, ein Hochschuldidaktiker an der Technischen Universität Darmstadt, in seiner Anleitung für Projektveranstaltungen darauf hingewiesen hat.

Dabei geht es darum, den Studierenden nicht mehr Hilfe zu geben, als sie von sich aus einfordern würden, denn oft schiessen die Betreuenden etwas über das Ziel hinaus. Die Folgen davon sind beispielsweise Informationsüberflutung der Studierenden oder überflüssige Diskussionen. Mit Einhaltung des Grundsatzes der minimalen Hilfe werden aber auch die Ressourcen der Betreuenden geschont. Die Intensität der Betreuung bzw. das Ausmass der Hilfestellung wird über eine fünfstufige Skala gesteuert.

Ebene 1: Motivationshilfe

Die Betreuten brauchen nur etwas Motivationshilfe zur Bewältigung der weiteren Aufgaben. Die Betreuungsperson hört zu, ermuntert und verstärkt und stellt allenfalls Fragen. Wenn die Betreuten noch Unsicherheit zeigen geht man eine Ebene tiefer.

Ebene 2: Rückmeldehilfe

Die Studierenden erhalten informierendes Feedback in Form von allgemeinen Einschätzungen und Bewertungen des bisher Geleisteten. Durch aktives Zuhören kann weitere Klarheit geschaffen werden. Bei weiteren Unsicherheiten geht man noch tiefer.

Ebene 3: Allgemeine strategische Hilfe

Nun erhalten die Betreuten Angaben darüber, wo benötigte oder von ihnen gewünschte Informationen verfügbar sind, beispielsweise über Theorien und Konzepte, Nachschlagewerke, Datenbanken, Institutionen etc. Allenfalls werden auch die nächsten Arbeitsschritte geklärt.

Ebene 4: Inhaltsorientierte strategische Hilfe

Auf dieser Stufe befasst sich die Betreuungsperson auch inhaltlich stark mit der Arbeit. Die Studierenden erhalten konzeptuelle inhaltliche Rückmeldung und Vorschläge für die Vorgehensweise.

Ebene 5: Inhaltliche Hilfe

Diese Ebene bedeutet für die Betreuungsperson, sich intensiv mit der Arbeit auseinander zu setzen, korrektiv einzugreifen und zusätzliche inhaltliche Schritte vorzuschlagen.

Obgleich eine empirische Wirksamkeitsprüfung des Konzeptes noch aussteht ist die Grundidee plausibel. Ob die fünf Ebenen aber tatsächlich stringent aufeinander folgen, ist fraglich. Denkbar ist jedoch, dass die Betreuungsperson einige Analysefragen «bereithält», mit denen sie sondieren kann, auf welcher Ebene sich das Projektteam bzw. die einzelnen Studierenden gerade bewegen.

Literatur

  • Aebli, H. (1961). Grundformen des Lehrens. Ein Beitrag zur psychologischen Grundlegung der Unterrichtsmethode (9. erweiterte und umgearbeitete Aufl. 1976). Stuttgart: Klett. 
  • Görts, W. (2009). Projektveranstaltungen – und wie man sie richtig macht. Bielefeld: UniversitätsVerlagWebler   [ZUW-Sign. 111.05/ 49]
  • Zech, F. (1977). Grundkurs Mathematikdidaktik: theoretische und praktische Anleitungen für das Lehren und Lernen im Fach Mathematik. Weinheim: Beltz  [ZUW-Sign.111.01/ 112]