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Die Texte wurden wieder nicht gelesen?

von Thomas Tribelhorn

«Lesen Sie bis nächste Woche bitte...» ist ein unzulänglicher Auftrag.

Lehrende an Hochschulen wundern sich zuweilen, weshalb die Studierenden unvorbereitet zur  Seminarsitzung erscheinen. Im «klassischen» textbasierten Seminar kann es z.B. vorkommen, dass nur wenige die vorzubereitende Lektüre gelesen haben.

Betroffene zu Beteiligten machen

Das kann viele Gründe haben, mit denen man sich als Dozentin oder Dozent nicht auseinandersetzen mag. Wichtig ist aber zumindest das Bewusstsein über ein zentrales motivationspsychologisches Phänomen: Menschen möchten grundsätzlich gerne wissen, weshalb sie etwas tun sollen. Sie möchten einbezogen werden und sich als aktive und mitverantwortliche «Mitgestalter» erleben. Die Relevanz dieses Prinzips für Unterrichtssituationen wurde schon in den frühen 70er-Jahren von Richard deCharms belegt.

... durch zielgerichtete Leseaufträge

Für die Lehre bedeutet dies unter anderem, dass Ziele und damit verknüpfte Aufträge im Kontext des gesamten Lernszenarios dargestellt und begründet werden. Diese Art von Transparenz hat beispielsweise zur Folge, dass Vorbereitungslektüre mit konkreten Leseaufträgen verbunden wird, welche die Verbindung herstellen zwischen dem individuellen Studium des Textes und der darauf folgenden Seminarsitzung. Beispielsweise sollen die Studierenden: ...

  • eine bestimmte Anzahl der wichtigsten Begriffe bzw. Konzepte aus dem Text extrahiert und in jeweils drei Sätzen zusammenfassen
  • eine bestimmte Anzahl konkreter Beispiele zu der im Text dargestellten Theorie notieren
  • die in der Lektüre dargestellten Modelle aufgrund bestimmter Dimensionen miteinander vergleichen
  • den Text grafisch visualisieren, z.B. als Concept Map (Begriffenetz) oder Prozess-Schema
  • usw.

Wichtig ist, diese Aufträge nun auf die Ziele bezogen zu begründen, im Sinne von: «Das ist wichtig, weil wir nächste Woche auf folgende Art weiter arbeiten werden ... , damit Sie am Schluss fähig sind, ... umzusetzen».

Literatur

DeCharms, R. (1976). Enhancing Motivation: Change in the Classroom. New York: Irvington Press